15.07.2025, 16:33
Riftviertel
Leben in der Surrealität
Die sogenannten Riftviertel sind urbane Zonen, in denen die Riftaktivität am höchsten ist. Man kann als Richtschnur nehmen: Je mehr kleinere oder auch größere Risse es an einem Ort gibt, je also die Realität bereits so sehr in Mitleidenschaft gezogen ist, dass der Einfluss dieser Störungen deutliche Auswirkungen hat, desto schlechter ist das Viertel. Der Begriff „Riftviertel“ ist allgemein geläufig, auch wenn die wenigsten wissen dürften, woher die Viertel ihre Namen haben. Die Riftviertel machen tatsächlich den größten Teil der Stadt aus. Es gibt halbwegs brauchbare, miese und sehr viel miesere Wohngegenden in den Riftvierteln und nicht wenige sind gar großflächig gezeichnet von Schatten, Verfall und Tonnen, an deren Feuer sich die ärmlichen Bewohner wärmen. Die einzigen Orte, an denen nahezu keine Riftaktivität zu finden ist, sind die Viertel der Elite, in denen – im Gegensatz zu den Riftvierteln – der Luxus nahezu verschwenderisch an jeder Ecke sichtbar zur Schau gestellt ist. Allem voran die prächtigen Paläste der Kirche, die der Gottmutter schließlich die ihr zustehende Ehre erweisen muss.
In einem Riftviertel wird die Zeit porös. Straßen führen manchmal an Orte, die es gestern nicht gab. Die Zeiten, die auf Uhren angezeigt werden, sind nicht unbedingt zuverlässig einheitlich. Schatten bewegen sich ohne Quelle, und an manchen Tagen flackert das trübe Licht in einem Rhythmus, der nur für wenige erkennbar ist. Bewohner, die länger dort leben, entwickeln oft eigenartige Eigenheiten: Sie wiederholen Gespräche, die nie geführt wurden, oder behaupten, Dinge gesehen zu haben, die anderen verborgen bleiben. Andere hören das Flüstern. Schlechte, niedere Riftviertel sind meist Zufluchtsort für jene, die anders sind. Paktnutzer, Riftmedien, Rift-Surfer, Ausgestoßene der Gesellschaft – sie alle finden hier Unterschlupf. Zwischen verfallenden Fassaden, überwucherten Gassen und leerstehenden Lagerhallen wachsen neue Gemeinschaften, mit eigenen Regeln und Ritualen. Doch niemand ist wirklich sicher. Denn was auch immer durch die Risse dringt, findet hier zuerst seinen Weg in die Welt.
Die Infrastruktur in einem schlechten Riftviertel ist oft zusammengebrochen oder wird inoffiziell betrieben. Strom kommt aus umgebauten Generatoren, Wasser aus alten Brunnen oder illegal angezapften Leitungen. Die Kommunikation läuft über das Darknet oder physische Boten. Ordnungsmacht ist hier ein Fremdwort; Konflikte werden von lokalen Gruppierungen geregelt, oft mit Gewalt oder magischen Mitteln.
Wer ein Riftviertel betritt, muss wissen, dass hier andere Gesetze gelten. Surrealität ist beinahe spürbar. Und je tiefer man eindringt, desto mehr verliert man das Gefühl für das, was real ist. Erinnerungen verschwimmen, und manche verlieren sich ganz. Doch genau das macht diese Orte für manche so anziehend: Hier, wo die Welt zerfällt, liegt auch die Möglichkeit, sie neu zu formen. Unbelehrbare Wagemutige, Abenteurer und Rift-Surfer sehen mehr Chancen als Risiken.


